Atme und lächle

Der bewusst verbundene Atem

Unser Atem ist normalerweise flach, nur leicht bis in den Brustkorb gelenkt und nicht verbunden. Manchmal halten wir ihn sogar an, wenn wir erschrecken, ängstlich, beunruhigt oder angespannt sind. Wir machen Pausen zwischen den Atemzügen, wenn wir uns in Gedanken verlieren. Wir atmen immer; oft unbewusst und meist ohne jegliche Körperwahrnehmung.

Der bewusst verbundene Atem in der Ganzheitlichen Integrativen Atemtherapie ist achtsam und bringt uns in Verbindung mit uns selbst. Wir nehmen dabei eine entspannende Haltung ein, sitzen auf einer festen Unterlagen, spüren unsere Sitzhöcker und mit unseren Füßen den Kontakt zum Boden. In dieser Haltung können wir die Energie, die uns durchströmt, fließen lassen. Beim Einatmen durch die Nase lenken wir unsere Aufmerksamkeit über die Nasenflügel, über die Stirn, durch unsere Schädeldecke hindurch und verbinden uns dann weiter mit unserem Höheren Selbst, unserer universellen Energie. Ohne Pause lassen wir beim Ausatmen, ebenfalls durch die Nase, die Energie abwärts in unser Becken, unserem Kraft- und Gefühlszentrum, fallen. Wir können die Lebensenergie bewusst in unserem ganzen Körper spüren. In diesem Augenblick wird die Aufmerksamkeit von der Gedankenwelt auf die Gefühlswelt gelenkt. Der Geist kann zur Ruhe kommen. Allein schon diese achtsame Reaktion bewirkt ein Gefühl des Wohlbefindens, ein zur Ruhe kommen der äußeren Einflüsse. Mein Gefühl gilt nur noch mir und meiner Geschichte. Meiner Geschichte, mit all den im Leben gemachten Erfahrungen.

Unsere physischen, mentalen und emotionalen Erfahrungen, besonders die negativen, werden durch den verbundenen Atem als Blockade fühlbar. Dieser Ansatz bietet die Möglichkeit nicht integrierte Traumata unserer Kindheit aufzulösen, alte Verhaltensmuster und Gedankenstrukturen in Frage zu stellen. Durch den verbundenen Atem können verdrängte Gefühle wie Wut, Trauer, Angst, Hilflosigkeit, Schuld, Scham, Ekel, Verzweiflung, Eifersucht oder Neid an der Oberfläche unseres Bewusstseins fühlbar werden, wenn wir bereit für unsere emotionale Entwicklung sind. Diesen blockierten Energien können wir nun Raum und Aufmerksamkeit geben. Dabei geht es nicht um eine Veränderung sondern um ein Loslassen eines Konstrukts, welches wir uns selbst kreiert haben. Wir sind im Hier und Jetzt erwachsene Menschen und tragen nun die Verantwortung für unsere gemachten Erfahrungen. In den Momenten, wo wir unsere neu erfahrenen Erkenntnisse in Frage stellen, können wir uns an die Verbindung der Atmung erinnern, um wieder ganz in die Präsenz und die gefühlte Wahrheit einzutreten.

Präsenz ist die Absicht der verbundenen Atmung, denn Atmung ist nur im gegenwärtigen Moment möglich. Da es nicht möglich ist, gleichzeitig in der Vergangenheit und Zukunft zu atmen, balancieren wir unser inneres emotionales Gleichgewicht in der Präsenz des jetzigen Moments aus. Verlieren wir dieses Gleichgewicht, verlassen wir die Gegenwart und befinden uns wieder auf der denkenden Ebene. Wird die Schleife alter Gedankenmuster durch das Fühlen der Ursache unterbrochen, werden alte Konditionierungen aufgelöst. Sie verfolgen uns dann nicht mehr als unbearbeitete Lebensaufgabe und wir müssen das ursächliche Ereignis auf emotionaler und physischer Ebene von dem Augenblick an nicht mehr durchleben, in dem wir uns dessen bewusst geworden sind. Tun wir dies nicht, werden Körper und Geist immer in der Vergangenheit leben und nie im gegenwärtigen Moment.

Sind wir mit unseren Emotionen verbunden, sind wir in der Lage uns all das zu schenken, was uns in der Vergangenheit bedürftig gemacht hat: Selbstliebe, Anerkennung, Wertschätzung, Verständnis und Vertrauen. Sind wir im gegenwärtigen Moment vollkommen präsent können wir auch den Menschen, von denen wir glauben, dass sie uns auf emotionaler, physischer und mentaler Ebene verletzt haben, Verständnis, Liebe und Wertschätzung schenken. Wir sind sogar in Lage ihnen zu vergeben und haben in diesem Gefühl unser Mitgefühl und die Anerkennung für ihre eigene Geschichte, die ebenfalls von verdrängten und unterdrückten Emotionen geprägt ist. Dieses Mitgefühl und Verständnis befähigt uns Therapeuten dazu, andere Menschen in ihren Prozessen während einer Atemsitzung zu begleiten.

Nachdem wir der verdrängten Emotion mit Hilfe der verbundenen Atmung Raum gegeben haben bemerken wir, wie sich unser mentaler, physischer und emotionaler Körper entspannt. Alte Blockaden und belastende Energien konnten gehen. Wir sind erfüllt von neuer frischer Energie und können uns dem Moment der gerade gemachten Erfahrung hingeben. Es gibt nichts mehr zu tun. Mit unserer natürlichen Atmung fühlen wir nur noch Vitalität, Lebendigkeit, Befreiung, Vertrauen, Reinigung, Klarheit und unseren Seelenfrieden.

Haben wir die verdrängten oder unterdrückten Emotionen in unser Bewusstsein aufsteigen lassen und die damit gemachten Erfahrungen integriert, können wir in der Lage sein positive Emotionen wie Freude, Liebe, Vertrauen, Dankbarkeit, Hoffnung, Mut, Zufriedenheit, Harmonie oder Begeisterung für die unscheinbaren Dinge im Leben zu empfangen. Viele Menschen können sich zwar intellektuell vorstellen, gesund, heil oder ganzheitlich zu werden, wenn sie es aber nicht fühlen, werden sie keinen Zugang zur eigenen Körperwahrnehmung und zu ihren Selbstheilungskräften herstellen können.

Wir können unsere achtsam verbundene Atmung zu jeder Zeit anwenden. Er steht uns immer zur Verfügung. Wir müssen uns diese Tatsache nur immer wieder bewusst machen. Wenn wir meinen unserer Leben gerät gerade mal wieder aus den Fugen, können wir unserem Atem lauschen. Wir können darauf vertrauen, dass er uns an die Ursache unseres Problems führen wird. Wenn wir mit offenem Herzen bereit sind das unbehagliche Gefühl anzunehmen, ja zu ihm zu sagen, es aus einer distanzierten Position zu betrachten, fühlen wir uns nicht mehr von ihm bedroht. Wir fühlen, alles ist miteinander verbunden und wir beginnen zu verstehen, dass der verbundene Atem eine ganzheitliche, integrative und heilende Wirkung auf unser Wohlbefinden ausübt.

Eine Atemsitzung kann problemlos mit einer evtl. erforderlichen schulmedizinischen Behandlung oder anderen komplementärmedizinischen Methoden kombiniert werden. Sie ersetzt den Besuch beim Arzt jedoch nicht.